Sonntag, 2. September 2012

Die Küche meiner Mutter

An die Küche, in der ich in meinem Laufstall brabbelte, habe ich keine Erinnerung mehr. Nur der Küchenschrank mit den pastellfarbenen Schiebetüren und den für die Fünfziger typisch abgerundeten Griffen ist mir noch im Gedächtnis geblieben, weil er bis zum Schluss auf dem Speicher im Haus meiner Eltern stand. 

Mitte der Sechziger - ich war gerade mal 2 - zogen meine Eltern ins Eigenheim und dort war mir die Küche sehr wohl vertraut - sie war quadratisch und praktisch, weiße Einbauschränke bis unter die Decke mit gelb-weißem Minikaro-Band abgesetzt und einer gelb-weißen Minikaro-Arbeitsplatte. Es waren immens viele Schränke voll mit Küchenschätzen, deren Verwendungszweck mir manchmal bis zum Schluss verborgen blieb.

Aber immerhin hatte die Küche eine Spülmaschine, eine Brotschneidemaschine, eine Spüle, einen Elektroherd, einen Einbaukühlschrank, eine Dunstabzugshaube und einen Vogelkäfig mit Pitti, dem Wellensittich. Zu dieser Zeit hat man über eventuelle Nachteile der Tierhaltung in Küchen natürlich nicht nachgedacht. Damals war es auch normal, einen in den Dreck gefallenen Schnuller abzulecken und ihn dem Kinde wieder in den Mund zu schieben. Heute sicherlich ein Fall für das praktische Desinfektionsspray oder gleich den Allergologen....

Bei uns gehörte Pitti mit zum Küchengeschehen. Schließlich war die Küche Dreh- und Angelpunkt für alle wichtigen Dinge, die im Haus passierten, da durfte der redselige Wellensittich nicht fehlen. Hier bekam mein Opa den Einkaufszettel in die Hand gedrückt, hier wurde mittags mein heißgeliebter Heidelbeerjoghurt zusammengerührt und hier hab ich auch meine Fünf in Mathe gebeichtet, nachdem ich die Schultasche mißmutig unter den Hocker gepfeffert hatte.

Ach, genau, eine Joghurtmaschine gab es auch noch. Und einen Toaster, ein Küchenradio, eine Saftpresse, einen an der Wand befestigten Dosenöffner (geniale Erfindung) und Milliarden von Töpfen, Pfannen, Messern und und und...

Ende der Siebziger kam dann natürlich auch eine Mikrowelle hinzu. Aber wie in so vielen Küchen wurde sie nie wirklich benutzt, höchstens zum Aufwärmen, wenn's mal schnell gehen musste. Aber man konnte wenigstens was drauf abstellen. Und zum Brötchen aufbacken war sie definitiv ungeeignet - die Dinger kamen innen kohlrabenschwarz und außen bleich wie Mehl wieder aus dem Gerät heraus. Und gestunken hat es - nach verbrannt...

Alles in allem hat sich in all den Jahren nicht viel in dieser Küche verändert. Gelächter, Streit, Geheimnisse, Schicksale waren genauso normal wie Gänsebraten, Schnippelbohnen, heißer Kakao und Gurkenlalalat...

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